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Internet der Dinge wird kommen
<p>Telekommunikationskonzerne erobern neues Geschäftsfeld: „Smartization“ von Gegenständen lockt mit Milliarden-Umsätzen</p>
Die Umsätze europäischer Telekommunikationsunternehmen mit der Telefonie werden bekanntlich auch in den nächsten Jahren weiter sinken. Doch es gibt eine Reihe neuer Geschäftsfelder, die die Verluste aus Telefonie und SMS zumindest zum Teil auffangen könnten. Laut einer Studie der global tätigen Strategieberatung Arthur D. Little wird vor allem das Internet der Dinge für neue Umsätze bei den Telekommunikationsunternehmen sorgen, wenn die Möglichkeiten der Ansteuerung von Gebäuden, Fahrzeugen und ganzen Prozessen in der Logistik über das Internet einmal in großem Stil Einzug gehalten hat.
Die Autoren der Studie kommen zu dem Schluss, dass die Umsätze mit Services rund um die Vernetzung von Gegenständen und Fahrzeugen im Jahr 2015 einen signifikanten Anteil am Gesamtumsatz der Konzerne ausmachen werden. Dafür werden die „Telcos“ die Grenzen ihrer Branche aufbrechen und zunehmend branchenübergreifend Umsätze generieren, um damit die Umsatzrückgänge etwas aufzufangen.
Haupttreiber für das Internet der Dinge
Ansgar Schlautmann, Associate Director bei Arthur D. Little, sieht die große Zukunft der Vernetzung von Dingen trotz der anhaltenden Startschwierigkeiten noch vor sich: „Das Internet der Dinge ermöglicht es, gesellschaftliche Mega-Trends wie Globalisierung, die weitere Entwicklung der Informationsgesellschaft und umweltschonende Technologien voran zu treiben. Durch diese Enabler-Funktion werden innovative Geschäftsmodelle mit der Vernetzung von Dingen entstehen, durch die dann wiederum die bestehenden Megatrends befeuert werden“, sagt Schlautmann. Das Internet der Dinge sorgt damit letztlich auch für die wirtschaftlich so bedeutenden Effizienzsteigerungen. „Nicht die Anzahl von verbundenen Geräten aber ist entscheidend für den Fortschritt in diesem Bereich, sondern der Nutzen, den die Möglichkeit der Steuerung über das Internet stiftet“, sagt Ansgar Schlautmann.
Doch es gibt auch noch andere handfeste Vorteile, die dem Internet der Dinge früher oder später zum Durchbruch verhelfen werden: Zum einen wird durch die kontinuierliche Überwachung der Geräte oder z. B. Fahrzeuge durch Sensoren eine schnellere Wartung ermöglicht, da suboptimale Funktionen direkt angezeigt und entsprechend behoben werden können. Dies wiederum wirkt sich positiv auf die Lebensdauer von z. B. Messgeräten, Verkaufsautomaten oder industriellen Maschinen aus. Zum anderen können die eingebauten Module das Gerät hinsichtlich des Energieverbrauchs optimal steuern, gleichzeitig sinken die Kosten. Ein dritter Vorteil der „Smartization“, also der Vernetzung von Gegenständen mit dem Internet, besteht in der größeren Benutzerfreundlichkeit. Patienten, die nicht mehr täglich ins Krankenhaus fahren müssen, um dort Messwerte beim Arzt abzuliefern, bietet es einen signifikanten Mehrwert, die Werte direkt aus dem Urlaub über das Internet in die Patientenakte des Arztes zu übermitteln. Viertens bietet der „Anschluss“ der Dinge noch die Möglichkeit viele zusätzliche Services anzubieten, die den Nutzern einen Mehrwert bieten. Klassisches Beispiel ist hier das gestohlene Auto, dessen Standort man durch die Vernetzung jederzeit auf der entsprechenden Plattform aufrufen kann. „Diese zusätzlichen Services werden zukünftig die Umsätze ganzer Branchen steigern, da viele Unternehmen heute mit den Produkten allein nicht mehr genügend verdienen“, prognostiziert Schlautmann die Marktveränderung.
Warum der Markt für das Internet der Dinge bis heute trotzdem so klein ist
Es stellt sich angesichts dieser scheinbaren Vorteile nun die Frage, warum der Markt bis heute so klein ist? Die große Konkurrenz zwischen den Marktteilnehmern sorgt für langsame Fortschritte, denn: „Wenn viele Unternehmen dutzende Lösungen ins Rennen schicken, ist ein schnelles Wachstum einer bestimmten Lösung fast immer ausgeschlossen“, so Schlautmann. „Es bedarf aber einer kritischen Größe, um am Massenmarkt anbieten zu können. Eine solche Größe kann etwa über Partnerschaften zwischen Unternehmen erreicht werden. „Sobald also eine einheitliche Lösung gefunden ist – idealerweise durch eine Partnerschaft zwischen Unternehmen – wird sich auch der Markt mit den vernetzen Dingen dramatisch vergrößern.“
Derzeit beschränkt sich die Telekom-Branche noch stark auf die Dienstleistungen Konnektivität, Datenweiterleitung und Tarifierung. Sollten sie bei diesem Ansatz bleiben, wird dauerhaft nicht mehr als 20% der Wertschöpfungskette im Bereich Internet der Dinge bei ihnen hängenbleiben, wie die Grafik verdeutlicht.
Quelle: Arthur D. Little
Vor diesem Hintergrund bietet es sich vor allem für die Telekommunikationsunternehmen an, sich zu einem „Service enabler“ zu entwickeln, der die Informationen über die Daten zusammenführt und die Steuerung aller Geräte über diese IT-Plattform ermöglicht. Der Grund: Mit all den Softwareanwendungen, die auf dieser Plattform zusammengeführt werden können, wird sich der Anteil des insgesamt generierten Wertes um zusätzliche 30-40% erhöhen. Der Service enabler ist damit als eine Art Dirigent zu verstehen, der entsprechende Daten an Partner-Organisationen weiterleitet, wie z. B. Versicherungen, Reparatur-Unternehmen oder auch an die Polizei. Es geht hierbei also um das Management der Prozesse, das einen relativ hohen Anteil an der Marge ausmachen wird. Als besonders geeignet für diese Funktion sieht Ansgar Schlautmann die Telekommunikationsunternehmen: „Die Telcos könnten hier ein Ökosystem auf die Beine stellen, in dem sie ihre Partner-Unternehmen managen können. Ihr Vorteil: Sie haben am meisten Erfahrung im Management von Anwendungen, die über das eigene Netz funktionieren.“
Allerdings ist diese Enabler-Rolle derzeit auch die am härtesten umkämpfte – in verschiedenen Branchen wurden bereits in der Vergangenheit proprietäre Lösungen entwickelt, beispielsweise bei E.ON oder RWE im Energiebereich, aber auch beim Automobilhersteller BMW mit dem „Connected Car“-Angebot oder bei LKW-Herstellern mit deren Flottenmanagementlösungen.
„In den Verticals wird aber ein Umdenken stattfinden“, so Schlautmann. „Das Partnermanagement und auch die massenhafte Provisionierung, aber auch die Abrechnung von verschiedenen Diensten und das entsprechende Kundenmanagement ist hochkomplex und insgesamt effizienter von Telcos anzubieten, da diese historisch zu ihren Kernkompetenzen zählen.
Zudem haben Telcos den Vorteil, dass sie auch den Einkauf von Hardware über verschiedene Branchen bündeln können, um somit attraktivere Preispunkte für vertikale Gesamtlösung zu realisieren. Darüber hinaus haben viele Telcos auch die Fähigkeit, die unterschiedlichen Systeme zu einer Gesamtlösung integrieren zu können. „In der Theorie haben daher Telcos ein Alleinstellungsmerkmal innerhalb des Marktes für die ‚Smartization‘ – Bisher gelingt es aber nur wenigen, ihre Position und Strategie sinnvoll umzusetzen“, so Schlautmann. „Wir sehen derzeit bei einigen Telcos das Problem, dass die Wachstumsbereiche mit der klassischen Linienorganisation adressiert wird – „Smartization“ ist jedoch deutlich komplexer und bedarf einer eigenen, viel flexibleren Organisation, um die verschiedenen Eco-Systeme effektiv zu bedienen“. Der Berater sieht hier den größten Handlungsbedarf bei Telcos: „Schaffen Telcos es nicht, sich hier klar zu positionieren, wird der Wachstumszug an ihnen ganz ‚smart‘ vorbeifahren“.
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Internet der Dinge wird kommen
<p>Telekommunikationskonzerne erobern neues Geschäftsfeld: „Smartization“ von Gegenständen lockt mit Milliarden-Umsätzen</p>
Die Umsätze europäischer Telekommunikationsunternehmen mit der Telefonie werden bekanntlich auch in den nächsten Jahren weiter sinken. Doch es gibt eine Reihe neuer Geschäftsfelder, die die Verluste aus Telefonie und SMS zumindest zum Teil auffangen könnten. Laut einer Studie der global tätigen Strategieberatung Arthur D. Little wird vor allem das Internet der Dinge für neue Umsätze bei den Telekommunikationsunternehmen sorgen, wenn die Möglichkeiten der Ansteuerung von Gebäuden, Fahrzeugen und ganzen Prozessen in der Logistik über das Internet einmal in großem Stil Einzug gehalten hat.
Die Autoren der Studie kommen zu dem Schluss, dass die Umsätze mit Services rund um die Vernetzung von Gegenständen und Fahrzeugen im Jahr 2015 einen signifikanten Anteil am Gesamtumsatz der Konzerne ausmachen werden. Dafür werden die „Telcos“ die Grenzen ihrer Branche aufbrechen und zunehmend branchenübergreifend Umsätze generieren, um damit die Umsatzrückgänge etwas aufzufangen.
Haupttreiber für das Internet der Dinge
Ansgar Schlautmann, Associate Director bei Arthur D. Little, sieht die große Zukunft der Vernetzung von Dingen trotz der anhaltenden Startschwierigkeiten noch vor sich: „Das Internet der Dinge ermöglicht es, gesellschaftliche Mega-Trends wie Globalisierung, die weitere Entwicklung der Informationsgesellschaft und umweltschonende Technologien voran zu treiben. Durch diese Enabler-Funktion werden innovative Geschäftsmodelle mit der Vernetzung von Dingen entstehen, durch die dann wiederum die bestehenden Megatrends befeuert werden“, sagt Schlautmann. Das Internet der Dinge sorgt damit letztlich auch für die wirtschaftlich so bedeutenden Effizienzsteigerungen. „Nicht die Anzahl von verbundenen Geräten aber ist entscheidend für den Fortschritt in diesem Bereich, sondern der Nutzen, den die Möglichkeit der Steuerung über das Internet stiftet“, sagt Ansgar Schlautmann.
Doch es gibt auch noch andere handfeste Vorteile, die dem Internet der Dinge früher oder später zum Durchbruch verhelfen werden: Zum einen wird durch die kontinuierliche Überwachung der Geräte oder z. B. Fahrzeuge durch Sensoren eine schnellere Wartung ermöglicht, da suboptimale Funktionen direkt angezeigt und entsprechend behoben werden können. Dies wiederum wirkt sich positiv auf die Lebensdauer von z. B. Messgeräten, Verkaufsautomaten oder industriellen Maschinen aus. Zum anderen können die eingebauten Module das Gerät hinsichtlich des Energieverbrauchs optimal steuern, gleichzeitig sinken die Kosten. Ein dritter Vorteil der „Smartization“, also der Vernetzung von Gegenständen mit dem Internet, besteht in der größeren Benutzerfreundlichkeit. Patienten, die nicht mehr täglich ins Krankenhaus fahren müssen, um dort Messwerte beim Arzt abzuliefern, bietet es einen signifikanten Mehrwert, die Werte direkt aus dem Urlaub über das Internet in die Patientenakte des Arztes zu übermitteln. Viertens bietet der „Anschluss“ der Dinge noch die Möglichkeit viele zusätzliche Services anzubieten, die den Nutzern einen Mehrwert bieten. Klassisches Beispiel ist hier das gestohlene Auto, dessen Standort man durch die Vernetzung jederzeit auf der entsprechenden Plattform aufrufen kann. „Diese zusätzlichen Services werden zukünftig die Umsätze ganzer Branchen steigern, da viele Unternehmen heute mit den Produkten allein nicht mehr genügend verdienen“, prognostiziert Schlautmann die Marktveränderung.
Warum der Markt für das Internet der Dinge bis heute trotzdem so klein ist
Es stellt sich angesichts dieser scheinbaren Vorteile nun die Frage, warum der Markt bis heute so klein ist? Die große Konkurrenz zwischen den Marktteilnehmern sorgt für langsame Fortschritte, denn: „Wenn viele Unternehmen dutzende Lösungen ins Rennen schicken, ist ein schnelles Wachstum einer bestimmten Lösung fast immer ausgeschlossen“, so Schlautmann. „Es bedarf aber einer kritischen Größe, um am Massenmarkt anbieten zu können. Eine solche Größe kann etwa über Partnerschaften zwischen Unternehmen erreicht werden. „Sobald also eine einheitliche Lösung gefunden ist – idealerweise durch eine Partnerschaft zwischen Unternehmen – wird sich auch der Markt mit den vernetzen Dingen dramatisch vergrößern.“
Derzeit beschränkt sich die Telekom-Branche noch stark auf die Dienstleistungen Konnektivität, Datenweiterleitung und Tarifierung. Sollten sie bei diesem Ansatz bleiben, wird dauerhaft nicht mehr als 20% der Wertschöpfungskette im Bereich Internet der Dinge bei ihnen hängenbleiben, wie die Grafik verdeutlicht.
Quelle: Arthur D. Little
Vor diesem Hintergrund bietet es sich vor allem für die Telekommunikationsunternehmen an, sich zu einem „Service enabler“ zu entwickeln, der die Informationen über die Daten zusammenführt und die Steuerung aller Geräte über diese IT-Plattform ermöglicht. Der Grund: Mit all den Softwareanwendungen, die auf dieser Plattform zusammengeführt werden können, wird sich der Anteil des insgesamt generierten Wertes um zusätzliche 30-40% erhöhen. Der Service enabler ist damit als eine Art Dirigent zu verstehen, der entsprechende Daten an Partner-Organisationen weiterleitet, wie z. B. Versicherungen, Reparatur-Unternehmen oder auch an die Polizei. Es geht hierbei also um das Management der Prozesse, das einen relativ hohen Anteil an der Marge ausmachen wird. Als besonders geeignet für diese Funktion sieht Ansgar Schlautmann die Telekommunikationsunternehmen: „Die Telcos könnten hier ein Ökosystem auf die Beine stellen, in dem sie ihre Partner-Unternehmen managen können. Ihr Vorteil: Sie haben am meisten Erfahrung im Management von Anwendungen, die über das eigene Netz funktionieren.“
Allerdings ist diese Enabler-Rolle derzeit auch die am härtesten umkämpfte – in verschiedenen Branchen wurden bereits in der Vergangenheit proprietäre Lösungen entwickelt, beispielsweise bei E.ON oder RWE im Energiebereich, aber auch beim Automobilhersteller BMW mit dem „Connected Car“-Angebot oder bei LKW-Herstellern mit deren Flottenmanagementlösungen.
„In den Verticals wird aber ein Umdenken stattfinden“, so Schlautmann. „Das Partnermanagement und auch die massenhafte Provisionierung, aber auch die Abrechnung von verschiedenen Diensten und das entsprechende Kundenmanagement ist hochkomplex und insgesamt effizienter von Telcos anzubieten, da diese historisch zu ihren Kernkompetenzen zählen.
Zudem haben Telcos den Vorteil, dass sie auch den Einkauf von Hardware über verschiedene Branchen bündeln können, um somit attraktivere Preispunkte für vertikale Gesamtlösung zu realisieren. Darüber hinaus haben viele Telcos auch die Fähigkeit, die unterschiedlichen Systeme zu einer Gesamtlösung integrieren zu können. „In der Theorie haben daher Telcos ein Alleinstellungsmerkmal innerhalb des Marktes für die ‚Smartization‘ – Bisher gelingt es aber nur wenigen, ihre Position und Strategie sinnvoll umzusetzen“, so Schlautmann. „Wir sehen derzeit bei einigen Telcos das Problem, dass die Wachstumsbereiche mit der klassischen Linienorganisation adressiert wird – „Smartization“ ist jedoch deutlich komplexer und bedarf einer eigenen, viel flexibleren Organisation, um die verschiedenen Eco-Systeme effektiv zu bedienen“. Der Berater sieht hier den größten Handlungsbedarf bei Telcos: „Schaffen Telcos es nicht, sich hier klar zu positionieren, wird der Wachstumszug an ihnen ganz ‚smart‘ vorbeifahren“.