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Europäischer Telekommunikationsmarkt: Weiteres Wachstum erfordert neue Geschäftsmodelle
<p>Arthur D. Little/Exane: Breitband bleibt stärkster Motor</p>
Mehr denn je sehen sich europäische Telekommunikationsunternehmen in den kommenden Jahren mit sinkenden Umsätzen in ihren Kerngeschäftsbereichen und der Notwendigkeit, neue Wachstumschancen im Breitbandmarkt zu erschließen, konfrontiert. Diese Situation zwingt die Netzbetreiber einerseits zur weiteren Kostensenkung, andererseits erfordert die entstehende Nachfrage nach neuen Diensten auch den Aufbau branchenübergreifender, nachhaltiger Partnerschaftsmodelle sowohl mit Medienunternehmen als auch mit Internet-Anbietern. Mit solchen Modellen können Telekommunikationsanbieter an der weiterhin rasanten Entwicklung des Breitbandmarktes im Festnetz- und Mobilfunkbereich partizipieren. Langfristig wird dies zu einer Neuordnung der Wertschöpfungskette zwischen Inhalteanbietern und Netzanbietern im Markt führen. Zu diesen Ergebnissen kommt eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung Arthur D. Little und des französischen Brokerhauses Exane BNP Paribas.
Die Studie mit dem Titel "Telecom Operators: Caution - work ahead" geht davon aus, dass sich die Netzbetreiber für ein künftiges Wachstum im europäischen Telekommunikationsmarkt strategisch neu orientieren müssen. Denn, so schätzen die Autoren, die jährlichen Wachstumsraten des europäischen Telekommunikationsmarktes werden bis 2010 bei Werten von 0,3 Prozent stagnieren.
Telekommunikationsunternehmen verstehen zunehmend, dass sie nicht jedes Geschäftsfeld entlang der Wertschöpfungskette eigenständig bearbeiten können. In der Studie werden drei Möglichkeiten identifiziert, mit denen Netzanbieter versuchen, auf der einen Seite ihre Kosten zu senken und auf der anderen Seite neue Geschäftsmodelle zu entwickeln: 1. Outsourcing von Netzinfrastruktur und Network Sharing sowohl im Festnetz als auch Mobilfunk (Ein Outsorcing aktiver oder passiver Netzinfrastruktur oder deren gemeinsame Nutzung könnten beispielsweise zu einer Steigerung des Cash-Flows aus laufender Geschäftstätigkeit von bis zu 10 Prozent führen) 2. Vermarktung von Netzkapazitäten über Wholesale-Modelle oder an Virtual Network Operators (MVNOs, MVNEs, FVNOs, CVNOs) und 3. Partnerschaften mit Medienunternehmen bzw. Anbietern von Internetdiensten.
2006 repräsentierte der Telekommunikationsmarkt in Europa in den acht europäischen Ländern, für die in der Studie quantitative Analysen durchgeführt wurden, einen Gesamtumsatz von 250 Milliarden Euro. Der monatliche Pro-Kopf-Umsatz betrug im Schnitt 51 Euro im Monat. Die Erträge vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) betrugen 39 Prozent, was einen geschätzten Return on Capital Employed (ROCE) von 16 Prozent nach Steuern ergibt.
Die Marktdurchdringung im Mobilfunk soll bis im Jahr 2010 127 Prozent (gemessen an SIM-Karten) betragen gegenüber 105 Prozent Ende 2006. Das bedeutet ein Wachstum von 4,9 Prozent jährlich. Dabei legt der Mobilfunkmarkt weiterhin auf Kosten des Festnetzbereichs zu. Arthur D. Little und Exane BNP Paribas schätzen, dass 2010 58 Prozent des abgehenden Sprachverkehrs im Mobilfunknetz generiert wird. 2006 waren dies noch 38 Prozent. Im Mobilfunknetz generierte Sprachtelefonie wird um 12 Prozent jährlich steigen, während die Festnetztelefonie um 8 Prozent jährlich sinkt.
Trotz der Steigerungen des Sprachverkehrs im Mobilfunk, wird mit einem Rückgang der erzielten Umsätze im Mobilfunkmarkt um jährlich ca. 1,3 Prozent bis 2010 gerechnet. Die erhöhte Nutzung der Mobiltelefonie kann den zunehmenden Preisverfall nicht kompensieren.
Basierend auf den 85 Interviews in 13 europäischen Ländern, gehen Arthur D. Little und Exane BNP Paribas auch für Deutschland davon aus, dass der Mobilfunkmarkt durch stark sinkende Preise Umsatzeinbußen hinnehmen muss. Zieht man die derzeitige Marktdurchdringung in Betracht, gibt es noch beträchtliche Wachstumschancen im deutschen Mobilfunkmarkt. Das würde sich aber im Umsatz nur bemerkbar machen, wenn sich der Preisverfall verlangsamen würde, was in Anbetracht der Strategie von E-Plus und dem Markteintritt neuer MVNOs aber nicht zu erwarten ist. Trotzdem hätten die führenden Netzbetreiber aber die Möglichkeit, durch Outsourcing und durch Partnerschaften Kosten zu senken und damit Ihre Position zu halten.
Arthur D. Little und Exane erwarten, dass die großen Netzwerkanbieter die Herausforderung annehmen und durch den Kauf von Inhalten, die Verteilung von Netzinfrastruktur und konvergente Angebote versuchen, den Markteintritt für andere Unternehmen zu erschweren. Allerdings besteht dadurch für die Netzwerkanbieter die Gefahr des Umsatzverlustes durch Kannibalisierung. Hinzu kommt die mangelnde Flexibilität der klassischen Operator in einem Markt, der zunehmend schnellen Veränderungen unterworfen ist. Neben den bereits bestehenden Angeboten für konvergente Dienste, sollten die Mobilfunkanbieter Partnerschaften mit anderen Netzanbietern schließen, um künftig auch Quadruple-Play-Dienste anbieten zu können.
Als potenzielle Partner sind im Moment alternative Festnetzanbieter am Besten positioniert. Sie haben allerdings hohe Kosten für die Nutzung von Netzen und die Bereitstellung weiterer konvergenter Dienste zu tragen. Kleinere Anbieter, die nicht über eine kritische Masse an Kunden verfügen, geraten zunehmend unter Druck. "In diesem Zusammenhang ist im europäischen Telekommunikationsmarkt eine Welle strategischer Veränderungen wie Fusionen zwischen Mobilfunk- und Fetznetzbetreibern, Konsolidierungen oder Übernahmen durch internationale Carrier zu erwarten", so Dr. Oliver Hagemann, Senior Manager bei Arthur D. Little.
Kein Wachstum ohne neue Geschäftsmodelle
"Die Zukunft der Telekomunternehmen wird von einer Veränderung der Wertschöpfungskette bestimmt. Noch vor einigen Jahren war es selbstverständlich, dass ein klassischer Telekomanbieter alle Stufen der Wertschöpfungskette (Infrastruktur, Dienst-Plattformen, Dienste & Inhalte, Kundenmanagement, Marketing & Vertrieb) vollständig abdeckte. Dies wird sich nun zunehmend ändern", sagt Jürgen Morath, Partner bei Arthur D. Little. Der Bedarf nach neuen Diensten erfordert von den Marktteilnehmern mittlerweile den Aufbau branchenübergreifender, nachhaltiger Partnerschaftsmodelle. So haben die meisten der großen Telekomanbieter bereits Partnerschaften mit verschiedenen Content-Produzenten (zum Beispiel Filmstudios oder Zeitungen) aufgebaut. Aber auch die großen Internetunternehmen wie Google, Yahoo und MSN versuchen erfolgreich, Win-Win-Partnerschaften mit der Telekombranche aufzubauen. Den großen Telekomanbietern kommt hierbei besonders ihre starke Verhandlungsmacht aufgrund ihrer Größe zugute, während Nischenanbieter bei den Verhandlungen eher im Nachteil sind. Diese setzen zunehmend auf Differenzierung durch neue Dienste und niedrige Preise. Starke Treiber für diese Partnerschaften sind besonders Web 2.0-Anwendungen wie MySpace und YouTube. Das zeigen Erfahrungen aus den USA. Für DSL wird dementsprechend bis 2010 eine Marktdurchdringung von 80 Prozent in den acht analysierten europäischen Ländern erwartet.
Die Studie geht davon aus, dass der Markt für mobile Breitbandanwendungen Ende 2007 in Fahrt kommen wird. Technische Hürden sind mittlerweile überwunden und die Carrier haben akzeptiert, dass sie Partnerschaften mit Spezialanbietern eingehen müssen, um attraktive Dienste (mobiles Fernsehen, Handywerbung, Musik, E-Mail, Instant Messaging) anbieten zu können. Die besten Chancen für Mehrumsatz sehen die Marktforscher bei Contentangeboten, mobilem Fernsehen und bei Handywerbung.
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Europäischer Telekommunikationsmarkt: Weiteres Wachstum erfordert neue Geschäftsmodelle
<p>Arthur D. Little/Exane: Breitband bleibt stärkster Motor</p>
Mehr denn je sehen sich europäische Telekommunikationsunternehmen in den kommenden Jahren mit sinkenden Umsätzen in ihren Kerngeschäftsbereichen und der Notwendigkeit, neue Wachstumschancen im Breitbandmarkt zu erschließen, konfrontiert. Diese Situation zwingt die Netzbetreiber einerseits zur weiteren Kostensenkung, andererseits erfordert die entstehende Nachfrage nach neuen Diensten auch den Aufbau branchenübergreifender, nachhaltiger Partnerschaftsmodelle sowohl mit Medienunternehmen als auch mit Internet-Anbietern. Mit solchen Modellen können Telekommunikationsanbieter an der weiterhin rasanten Entwicklung des Breitbandmarktes im Festnetz- und Mobilfunkbereich partizipieren. Langfristig wird dies zu einer Neuordnung der Wertschöpfungskette zwischen Inhalteanbietern und Netzanbietern im Markt führen. Zu diesen Ergebnissen kommt eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung Arthur D. Little und des französischen Brokerhauses Exane BNP Paribas.
Die Studie mit dem Titel "Telecom Operators: Caution - work ahead" geht davon aus, dass sich die Netzbetreiber für ein künftiges Wachstum im europäischen Telekommunikationsmarkt strategisch neu orientieren müssen. Denn, so schätzen die Autoren, die jährlichen Wachstumsraten des europäischen Telekommunikationsmarktes werden bis 2010 bei Werten von 0,3 Prozent stagnieren.
Telekommunikationsunternehmen verstehen zunehmend, dass sie nicht jedes Geschäftsfeld entlang der Wertschöpfungskette eigenständig bearbeiten können. In der Studie werden drei Möglichkeiten identifiziert, mit denen Netzanbieter versuchen, auf der einen Seite ihre Kosten zu senken und auf der anderen Seite neue Geschäftsmodelle zu entwickeln: 1. Outsourcing von Netzinfrastruktur und Network Sharing sowohl im Festnetz als auch Mobilfunk (Ein Outsorcing aktiver oder passiver Netzinfrastruktur oder deren gemeinsame Nutzung könnten beispielsweise zu einer Steigerung des Cash-Flows aus laufender Geschäftstätigkeit von bis zu 10 Prozent führen) 2. Vermarktung von Netzkapazitäten über Wholesale-Modelle oder an Virtual Network Operators (MVNOs, MVNEs, FVNOs, CVNOs) und 3. Partnerschaften mit Medienunternehmen bzw. Anbietern von Internetdiensten.
2006 repräsentierte der Telekommunikationsmarkt in Europa in den acht europäischen Ländern, für die in der Studie quantitative Analysen durchgeführt wurden, einen Gesamtumsatz von 250 Milliarden Euro. Der monatliche Pro-Kopf-Umsatz betrug im Schnitt 51 Euro im Monat. Die Erträge vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) betrugen 39 Prozent, was einen geschätzten Return on Capital Employed (ROCE) von 16 Prozent nach Steuern ergibt.
Die Marktdurchdringung im Mobilfunk soll bis im Jahr 2010 127 Prozent (gemessen an SIM-Karten) betragen gegenüber 105 Prozent Ende 2006. Das bedeutet ein Wachstum von 4,9 Prozent jährlich. Dabei legt der Mobilfunkmarkt weiterhin auf Kosten des Festnetzbereichs zu. Arthur D. Little und Exane BNP Paribas schätzen, dass 2010 58 Prozent des abgehenden Sprachverkehrs im Mobilfunknetz generiert wird. 2006 waren dies noch 38 Prozent. Im Mobilfunknetz generierte Sprachtelefonie wird um 12 Prozent jährlich steigen, während die Festnetztelefonie um 8 Prozent jährlich sinkt.
Trotz der Steigerungen des Sprachverkehrs im Mobilfunk, wird mit einem Rückgang der erzielten Umsätze im Mobilfunkmarkt um jährlich ca. 1,3 Prozent bis 2010 gerechnet. Die erhöhte Nutzung der Mobiltelefonie kann den zunehmenden Preisverfall nicht kompensieren.
Basierend auf den 85 Interviews in 13 europäischen Ländern, gehen Arthur D. Little und Exane BNP Paribas auch für Deutschland davon aus, dass der Mobilfunkmarkt durch stark sinkende Preise Umsatzeinbußen hinnehmen muss. Zieht man die derzeitige Marktdurchdringung in Betracht, gibt es noch beträchtliche Wachstumschancen im deutschen Mobilfunkmarkt. Das würde sich aber im Umsatz nur bemerkbar machen, wenn sich der Preisverfall verlangsamen würde, was in Anbetracht der Strategie von E-Plus und dem Markteintritt neuer MVNOs aber nicht zu erwarten ist. Trotzdem hätten die führenden Netzbetreiber aber die Möglichkeit, durch Outsourcing und durch Partnerschaften Kosten zu senken und damit Ihre Position zu halten.
Arthur D. Little und Exane erwarten, dass die großen Netzwerkanbieter die Herausforderung annehmen und durch den Kauf von Inhalten, die Verteilung von Netzinfrastruktur und konvergente Angebote versuchen, den Markteintritt für andere Unternehmen zu erschweren. Allerdings besteht dadurch für die Netzwerkanbieter die Gefahr des Umsatzverlustes durch Kannibalisierung. Hinzu kommt die mangelnde Flexibilität der klassischen Operator in einem Markt, der zunehmend schnellen Veränderungen unterworfen ist. Neben den bereits bestehenden Angeboten für konvergente Dienste, sollten die Mobilfunkanbieter Partnerschaften mit anderen Netzanbietern schließen, um künftig auch Quadruple-Play-Dienste anbieten zu können.
Als potenzielle Partner sind im Moment alternative Festnetzanbieter am Besten positioniert. Sie haben allerdings hohe Kosten für die Nutzung von Netzen und die Bereitstellung weiterer konvergenter Dienste zu tragen. Kleinere Anbieter, die nicht über eine kritische Masse an Kunden verfügen, geraten zunehmend unter Druck. "In diesem Zusammenhang ist im europäischen Telekommunikationsmarkt eine Welle strategischer Veränderungen wie Fusionen zwischen Mobilfunk- und Fetznetzbetreibern, Konsolidierungen oder Übernahmen durch internationale Carrier zu erwarten", so Dr. Oliver Hagemann, Senior Manager bei Arthur D. Little.
Kein Wachstum ohne neue Geschäftsmodelle
"Die Zukunft der Telekomunternehmen wird von einer Veränderung der Wertschöpfungskette bestimmt. Noch vor einigen Jahren war es selbstverständlich, dass ein klassischer Telekomanbieter alle Stufen der Wertschöpfungskette (Infrastruktur, Dienst-Plattformen, Dienste & Inhalte, Kundenmanagement, Marketing & Vertrieb) vollständig abdeckte. Dies wird sich nun zunehmend ändern", sagt Jürgen Morath, Partner bei Arthur D. Little. Der Bedarf nach neuen Diensten erfordert von den Marktteilnehmern mittlerweile den Aufbau branchenübergreifender, nachhaltiger Partnerschaftsmodelle. So haben die meisten der großen Telekomanbieter bereits Partnerschaften mit verschiedenen Content-Produzenten (zum Beispiel Filmstudios oder Zeitungen) aufgebaut. Aber auch die großen Internetunternehmen wie Google, Yahoo und MSN versuchen erfolgreich, Win-Win-Partnerschaften mit der Telekombranche aufzubauen. Den großen Telekomanbietern kommt hierbei besonders ihre starke Verhandlungsmacht aufgrund ihrer Größe zugute, während Nischenanbieter bei den Verhandlungen eher im Nachteil sind. Diese setzen zunehmend auf Differenzierung durch neue Dienste und niedrige Preise. Starke Treiber für diese Partnerschaften sind besonders Web 2.0-Anwendungen wie MySpace und YouTube. Das zeigen Erfahrungen aus den USA. Für DSL wird dementsprechend bis 2010 eine Marktdurchdringung von 80 Prozent in den acht analysierten europäischen Ländern erwartet.
Die Studie geht davon aus, dass der Markt für mobile Breitbandanwendungen Ende 2007 in Fahrt kommen wird. Technische Hürden sind mittlerweile überwunden und die Carrier haben akzeptiert, dass sie Partnerschaften mit Spezialanbietern eingehen müssen, um attraktive Dienste (mobiles Fernsehen, Handywerbung, Musik, E-Mail, Instant Messaging) anbieten zu können. Die besten Chancen für Mehrumsatz sehen die Marktforscher bei Contentangeboten, mobilem Fernsehen und bei Handywerbung.